Auf ein Wort mit Thomas Rennspieß: „Ich war die größte Nervensäge“
Thomas Rennspieß ist der Schulgolfbeauftragte des GVNB. Der studierte Sportlehrer ist als Fachleiter am Studienseminar Hildesheim für die Ausbildung zukünftiger Sportlehrer zuständig – und in seiner ehrenamtlichen Funktion damit betraut, den Golfsport als olympische Sportart in den Schulen bekannt zu machen und zu etablieren. Thomas ist aber auch die treibende Kraft, um die C-Trainer Breitensport-Ausbildung zu verbessern.
Thomas, was macht eigentlich ein Schulgolfbeauftragter?
Ein Fokus von mir liegt auf der Lehrerfortbildung. Ich biete regelmäßig Schnupperkurse für Referendare an, um ihnen den Golfsport näher zu bringen – natürlich verbunden mit dem Hintergedanken, dass diese Referendare den Golfsport in die Schulen tragen. Ich bin quasi der Multiplikator, der den angehenden Sportlehrern den Golfvirus „einpflanzt“.
Dabei kommt dir einer deiner Hauptjobs natürlich zugute …
Klar, in meiner Funktion als Seminarleiter in der Sportlehrer-Ausbildung am Studienseminar Hildesheim habe ich die Gelegenheit, wertvolle Kontakte zu zahlreichen Fachseminarleitungen in ganz Niedersachsen und Bremen zu knüpfen. Mittlerweile erhalte ich auch schon Anfragen für Schnupperkurse von anderen Seminarleitern aus anderen Schulformen. Meine Vision ist es, dass in der Region Hannover kein Studienreferendar seine Sportlehrer-Ausbildung verlässt, ohne einmal an einem Schnupperkurs Golf teilgenommen zu haben (lacht).
Wie lange dauern diese Schnupperkurse?
Drei Stunden, immer in unterschiedlichen Golfclubs. Ich baue dabei einen Putt-Parkour mit verschiedenen Attraktionen und kleinen Battles auf, dann üben wir Chip und Pitch – und zum Schluss dürfen sie lange Bälle schlagen. Das Schöne daran ist, dass die Teilnehmer richtig Bock haben – und teilweise viel Talent mitbringen. Da gibt es angehende Sportlehrer, die den Ball gleich beim ersten Versuch mit dem Eisen 5 locker 150 Meter weit ballern. Gleichzeitig erkennen die Teilnehmer die Komplexität unseres Sports an, weil einige ja glauben, das sei so ein bisschen wie Minigolf …
Ein besonderes Highlight war in diesem Zusammenhang ein Bürgolf-Turnier, das ich im letzten Jahr zur Weihnachtszeit mit dem Kollegium des Studienseminars Hildesheim durchgeführt habe. Auch diese Möglichkeit den Golfsport in die Gesellschaft hineinzutragen möchte ich in Zukunft weiter fortführen.
Konntest Du schon Referendarinnen oder Referendare mit dem Golfvirus infizieren?
Ich denke schon – und davon profitieren dann ja auch die Golfclubs, da schon einige meiner Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen weiteren Schnupperkurs oder einen Platzreifekurs gebucht haben.
Du bist aber im Lehrwesen aktiv, oder?
Stimmt – die Neuausrichtung der Ausbildung zum C-Trainer Breitensport Golf ist aktuell der Schwerpunkt meiner Arbeit beim GVNB.
War die Ausbildung der vorher nicht gut?
Ich fand sie nicht mehr zeitgemäß. Die Ausbildung erinnerte mehr an eine „Laborsituation“: Putten, Chippen, langer Schlag, dazu jeweils verschiedene Spiel- und Übungsformen, die man mehr oder weniger nur auswendig lernen musste. Dann gab es eine Prüfung, bei der man auf fünfzehn Themen ein Lehrthema ziehen und eine 60-minütige Planung aufschreiben musste, Diese Lehrprobe wurde dann mit deinen angehenden Trainerkolleginnen und -kollegen durchgeführt – teils mit einstelligem Handicap.
Um das zu ändern, habe ich Kontakt zum DGV aufgenommen, ob man das Ganze nicht verändern und dabei von meiner Erfahrung bei der Lehrerausbildung profitieren könne. Ich habe also den Stein in Niedersachsen und Bremen ins Rollen gebracht – und die Ausbildungsleiter beim DGV waren sehr offen dafür.
Was soll verändert werden?
Das Ziel ist, dass wir die Nachwuchstrainer für den Unterricht in Realsituationen fit machen, also mit „echten“ Schülern – und nicht mit anderen Kursteilnehmern, die möglicherweise das Handicap 2 haben. Neu ist etwa, dass wir als Ausbilderteam die angehenden Trainerinnen und Trainer in ihren Clubs besuchen – und quasi einen Unterrichtsbesuch machen, mit einem umfassenden Feedbackgespräch und weiteren Tipps. Und das findet der DGV richtig gut.
Wie sehen Ausbildungsinhalte aus?
Die orientieren sich an bestimmten Anforderungssituationen, die Trainerinnen und Trainer in ihrer Ausbildung C-Trainer Breitensport zu absolvieren haben. Zum Beispiel: Du bist Trainer, und eine benachbarte Schule kommt auf dich wegen eines Schnupperkurses mit 15-20 Kindern zu. Oder: Du betreust eine Kindergolfmannschaft und musst über den Winter ein Konditions- und Koordinationsprogramm auf die Beine stellen. Das alles wird nun an einer „echten“ Lerngruppe durchgeführt und nachher mit uns reflektiert. Für die Prüfung bekommen sie eine Aufgabe, die sie dann mit einer Real-Gruppe durchführen – und dokumentieren, wie sie das gemacht haben, plus Reflexion. Am Ende muss dann alles als Projektabschluss in einem Gespräch mit den Ausbildern dargestellt werden.
Ich möchte noch erwähnen, dass ich für die Ausbildung eine Lernplattform („padlet“) gestaltet habe, auf der die Teilnehmer jederzeit auf das Ausbildungsmaterial zurückgreifen können und in einen gegenseitigen Austausch über ihre Arbeit in den Clubs gehen können. Früher gab es so etwas überhaupt nicht.
Wurde zuvor nicht reflektiert?
Nein, Reflexion hat früher überhaupt keine Rolle gespielt – dabei ist sie so wichtig. Erst dadurch können wir viel besser die Planungs-, Durchführungs- und Reflexionskompetenz beurteilen. Wir bekommen einen viel intensiveren Einblick, als wenn jemand nur auswendig lernt, wie man jemand anderes das Putten beibringt. Wir trainieren Reflexion über das Aneignen eines Schemas und ständige Anwenden in der Trainingsarbeit. Dabei geht es um Aspekte des Trainerverhaltens ebenso wie die methodische und inhaltliche Gestaltung eines Trainings.
Seit wann gilt die neue Ausbildung?
In diesem Jahr haben wir erstmals eine solche Kolloqiumsprüfung durchgeführt. Da sind großartige Sachen herausgekommen, einige – zum Teil auch noch sehr junge –Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben unglaublich präzise reflektiert und uns Alternativen genannt. Wir haben dadurch wirklich vertiefte Einblicke in die Trainingsarbeit vor Ort erhalten und konnten das Leistungspotential der zukünftigen Trainer sehr gut beurteilen. So wünschen wir uns das für die Zukunft.
Und Du warst bei all dem federführend?
Ich glaube, ich war die größte Nervensäge in diesem Prozess (lacht), weil ich im ständigen Austausch mit den Ausbildungsleitern beim DGV immer versucht habe, meine Ideen, die ich aus der schulischen Referendarausbildung kenne, in die C-Trainer-Ausbildung mit einzubringen wollte.
Ist der GVNB also ein Vorreiter in diesem Prozess?
In diesem Jahr gehörten wir zum Pilotprojekt, der Hessische Golfverband und der Golfverband Schleswig-Holstein/Hamburg haben ebenfalls erstmals nach diesem Schema gearbeitet. Doch ab dem nächsten Jahr müssen alle Golfverbände nach dieser neuen Anforderungs-Variante Golflehrerinnen und Golflehrer Breitensport ausbilden.
(Interview: Christian Bärmann)
Thomas Rennspieß ist nicht Fachleiter am Studienseminar Hildesheim GHR, sondern auch als Lehrbeauftragter an der Uni Hildesheim tätig. Zusätzlich unterrichtet Thomas an der IGS Kronsberg in Hannover das Fach Sport und ist für die AG Koordination im Fachbereich Sport zuständig.