Deutscher Meister Lukas Gras über Geheimnisse des Lochspiels
Mit dem frisch gebackenen Sieger bei der Deutschen Lochspiel Meisterschaft (DLM) sprach GVNB-Vorstand für Jugend und Leistungssport Carl-Clemens Andresen
GVNB: Lukas, herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei der Deutschen Lochspielmeisterschaft 2017. Wie fühlt es sich an, auf einer Meisterschale den eigenen Namen zu lesen neben dem eines Martin Kaymer?
Lukas Gras: Ja, das ist schon ein phantastisches Gefühl. Martin Kaymer hatte ja 2005 als erster die Deutsche Lochspielmeisterschaft gewonnen und ist dann ins Profi-Lager übergewechselt. Aber ich bin da realistisch: Martin Kaymer ist schon ein Ausnahme-Athlet und hatte sich bereits zum damaligen Zeitpunkt mit Haut und Haaren seinem Projekt verschrieben, ein erfolgreicher Professional zu werden. Ich möchte zwar erfolgreich Golf spielen, aber auch mein BWL-Studium beenden.
GVNB: Sprechen wir trotzdem über deinen Sieg. Du hast dich in einem Teilnehmerfeld von 32 Top-Golfern durchgesetzt. Wie ordnest du deinen Erfolg ein?
Lukas Gras: Natürlich spielen viele Faktoren eine Rolle wie eine günstige Auslosung und der momentane Formzustand der Gegner. Aber am Ende musst du alle schlagen, wenn du dich in einem KO-Format durchsetzen willst. So war ich zunächst not amused, als ich im Viertelfinale auf den eigentlichen Favoriten traf, Nationalspieler Marc Hammer. Nach meinem Sieg am 20.Loch dachte ich jedoch: Gottseidank! Jetzt ist der Weg frei. Jetzt kannst du wirklich gewinnen! Dieser Rückenwind hat mich dann ins Finale getragen, und nach der 17 gratulierte mir mit Nick Bachem ein weiterer Nationalspieler sportlich fair zum Sieg.
GVNB: Du scheinst ein Händchen zu haben für das Lochspiel. 2015 beim Sieg der GVNB-Jungenmannschaft im Länderpokal hast du ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt. Hast du eine besondere Affinität zum Lochspiel?
Lukas Gras: Ja, ich liebe dieses Format. Es führt einen ja zurück zu den Ursprüngen unserer Sportart. Denn bevor das Zählspiel kam, wurde nur Matchplay gespielt. Das Match „Eins gegen Eins“ ist für mich nicht nur spannender als das Spiel gegen den Platz, es birgt auch wesentlich mehr Möglichkeiten, durch eigene Entscheidungen dem Spiel eine Wende zu geben.
GVNB: Wie meinst du das?
Lukas Gras: Ich meine damit die Variabilität des Spiels, die man beherrschen muss. Beim Lochspiel kommt es nicht nur auf gutes Coursemanagement an. Man muss auch den Gegner im Blick haben. Obwohl im Durchschnitt das Lochspiel den offensiveren Spielertypen bevorzugt, ist es nicht immer klug, aggressiv die Fahne zu attackieren. Andererseits hat es im Lochspiel wirklich eine Bedeutung, ob man als Erster abschlagen und mit einem weiten Drive den Gegner unter Druck setzen kann. Beim Zählspiel kommt dieser Faktor nur ins Spiel, wenn der unmittelbare Konkurrent um den Gesamtsieg mit einem im Flight spielt.
GVNB: Man sagt, dass Lochspiele auf den Greens entschieden werden. Ist das nicht eine banale Erkenntnis, die immer im Golfspiel gilt?
Lukas Gras: Ja und nein. Natürlich wird im Zählspiel derjenige, der die wenigsten Putts macht, am Ende auch einen niedrigen Score ins Clubhaus bringen. Aber beim Matchplay kommt zusätzlich noch die Wirkung auf den Gegner ins Spiel. Du kannst mit einem einzigen langen Putt den Gegner demoralisieren – besonders wenn du durch solch ein Monster das Loch gewinnen kannst, obwohl du den Abschlag verzogen oder sonstwie rumgegrützt hast.
GVNB: Also kommt es auf Psychologie und mentale Stärke an?
Lukas Gras: Wenn annähernd gleichstarke Spieler gegeneinander antreten schon. Man muss sich selbst genau kennen, die eigenen Stärken im richtigen Zeitpunkt ausspielen und auch mal einen von außen eingechippten Lochgewinn des Gegners schnell wegstecken können. Vor allem aber muss man das Momentum nutzen, das sich im Spiel eröffnet und zum Erfolg tragen kann.
GVNB: Momentum? Kannst du das näher erklären?
Lukas Gras: Ich meine damit nicht nur den Flow – diesen wunderbaren Zustand, bei dem Gedanke und Bewegung im eigenen Spiel eins werden und scheinbar wie selbst alles gelingt. Beim Lochspiel kommt die Dramaturgie des Matches noch hinzu. Von 3 down auf all square in unmittelbarer Folge aufzuholen ist etwas anderes als drei Löcher hintereinander zu teilen. Es entsteht ein Sogeffekt, der stärker wird, wenn immer weniger Löcher noch zu spielen sind.
GVNB: Wie siehst du die Zukunft des Lochspiels?
Lukas Gras: Ich glaube, dass das Lochspiel einen immer größeren Stellenwert erhalten wird. Dafür werden nicht zuletzt die Medien sorgen. Der Zweikampf „Mann gegen Mann“ ist wesentlich telegener als ein Zählspiel, das über vier Tage geht. Unkundige Zuschauer können sich ja manchmal gar nicht erklären kann, warum die Spieler im letzten Flight möglicherweise gar nichts mehr mit dem Sieg zu tun haben. Auch lassen sich mit dem Lochspiel neue Formate kreieren, wie jüngst die 6-Loch-Finalrunde beim European Tour-Turnier in Australien. Das kann dem Golfen mehr Sendezeit und mehr Aufmerksamkeit verschaffen und unseren Sport voranbringen.
GVNB: Wie sehen deine weiteren Pläne aus? Hast du dir neue Ziele gesetzt?
Lukas Gras: Ich würde mich freuen, wenn ich den Sprung in den DGV-Nationalkader schaffen könnte. Die eine oder andere Einladung zu einem Profi-Golfturnier wäre natürlich auch perfekt. Vielleicht klappt das ja bei der „Porsche European Open“ in Green Eagle Golf Courses Ende Juli. Und dann will ich natürlich mit meinem Heimatverein Osnabrücker Golfclub in die zweite Bundesliga aufsteigen.
GVNB: Lukas, wir danken dir für dieses Gespräch und wünschen dir auf deinem weiteren Weg alles Gute.
Lukas Gras: Danke, Clemens, auch dem GVNB für die langjährige Förderung im Jugendkader.